LU24, Bayreuth

LU24, Bayreuth

Das größte VIDA-Projekt entstand in Bayreuth - mitten in der Stadt - in der Ludwigstraße. Eine klassische Nachverdichtungsmaßnahme, für die gerade der Holzbau prädestiniert ist. Direkt an die Rückseite des Regierungsgebäudes von Oberfranken schmiegt sich der höhere Teil des VIDA-Wohngebäudes. Direkt gegenüber des Neuen Schlosses bekommt die Stadt ein weiteres Wahrzeichen, denn das Gebäude wird der erste leimfreie Massivholzbau in Gebäudeklasse 5 in Bayern. Die besondere Herausforderung bei diesem Projekt war der Tatsache geschuldet, dass der Fünf-Geschosser mit über 19 Metern Höhe in dieser Gebäudeklasse klassifiziert ist.

Das historische Stadtzentrum Bayreuths ist um ein inoffizielles Wahrzeichen reicher. Gegenüber des Neuen Schlosses und unmittelbar hinter dem Sitz der Regierung von Oberfranken errichtete die VIDA HolzProjekt GmbH einen Wohngebäudekomplex der Gebäudeklasse 5 – in innovativer und zeitgemäßer Holzbauweise.

Wenn man durch das Bayreuther Stadtzentrum spaziert, sieht man vor allem historische Häuser mit Sandstein- oder Fachwerkfassaden. Der Bau des Neuen Schlosses wurde 1753 in Auftrag gegeben. Gleich gegenüber befindet sich der repräsentative Präsidialbau der Regierung von Oberfranken, der 1902 errichtet wurde. Das bis Frühsommer 2021 fertiggestellte Wohnhaus in der Ludwigstraße, in direkter Nachbarschaft zum Regierungssitz, sorgt einmal mehr für architektonisches Aufsehen in der Bayreuther Altstadt. Denn die beiden Baukörper mit drei sowie fünf Vollgeschossen werden in leimfreier Holzbauweise realisiert – lediglich Aufzugsschacht, Tiefgarage und Treppenhaus sind in Stahlbeton ausgeführt. Eine weitere Besonderheit ist die sichtbare Holzschalung an der Fassade des Gebäude-Ensembles, die dieses Wohnhaus im urbanen Umfeld auch optisch deutlich abhebt. Mit über 19 Metern Höhe ist dieses Projekt (zum Errichtungszeitpunkt) das erste Vollholz-Wohngebäude der Gebäudeklasse 5 in ganz Bayern.

Zimmermannskunst zur Nachverdichtung

Für Dr. Torsten Lingott, Geschäftsführer der VIDA HolzProjekt GmbH, ist dieser Neubau ein persönliches Leuchtturm-Projekt: „An dieser prestigeträchtigen Adresse können wir beweisen, dass sich innovativer und auf traditioneller Zimmermannskunst basierender Holzbau ideal zur innerstädtischen Nachverdichtung eignet – und dabei sogar höchste Wohn- und Lebensqualität bieten kann, ohne irgendwelche Kompromisse einzugehen." Wo sich bisher kleine Garagen, ein Schuppen sowie ein Gartenhaus befunden haben, wurden 1.050 m2 hochwertigste Wohnfläche sowie elf Tiefgaragenplätze (davon drei Stellplätze mit Ladestationen für E-Autos) geschaffen. Dr. Lingott ergänzt: „Die Entscheidung für holzius als Partner und die patentierte leimfreie Holzbauweise wurde sehr bewusst getroffen. Wir wollten damit ein weiteres Projekt mit Vorbildwirkung realisieren."

Cradle to Cradle

Mit der angesprochenen Bauweise ist vor allem auch die Schwalbenschwanz-Holzverbindung gemeint – eine uralte Technik, die von holzius modern interpretiert wurde und gleichzeitig auch das handwerkliche „Markenzeichen" des Unternehmens ist. Auch das Deckentragwerk basiert auf einer genialen Holzverbindungstechnik. Hierzu werden Holzbalken mit Nut-Kamm-Verzahnung zusammengesteckt und mit einer Buchenholzschraube formstabil miteinander verbunden. Diese einstoffliche Holzbauweise ermöglicht somit die Errichtung eines Tragwerks, das ganz im Sinne des „Cradle-to-Cradle" Designkonzepts steht. In Teilen des dreigeschossigen Baukörpers wurde auch eine Holz-Beton-Verbundkonstruktion installiert. Sie basiert auf der bewährten Vollholzdecke von holzius, eröffnet durch ihren hybriden Aufbau allerdings bauliche Vorteile in der Realisierung hoher Spannweiten und erhöhter Schallschutzanforderungen.

Ganzheitliches Energiekonzept

Im Falle des neuen VIDA-Gebäudes geht die Vorbildwirkung weit über die reine sowie gleichzeitig traditionelle und moderne Holzbauweise hinaus. Das Projekt punktet vor allem auch mit einem intelligenten Energiekonzept, das die beiden Gebäudeteile ganzheitlich betrachtet und sich nahtlos in die baulichen Gegebenheiten integriert. Die insgesamt neun Wohneinheiten zeichnen sich generell durch niedrigen Energieverbrauch aus. Strom und Wärme kommen in erster Linie aus hauseigenen Installationen, die darauf abzielen, das Objekt möglichst eigenständig und energieautark zu versorgen. Die notwendige Wärme wird mittels einer Erdwärmepumpenanlage sowie Solarthermie in Form von Röhrenkollektoren an der Fassade produziert. Durch die Versorgung mit Warmwasser erfolgt aus einem zentralen Speicher im Keller, bewusst mit geringer Vorlauftemperatur, um die Leitungswärmeverluste möglichst gering zu halten. Erst in den Wohnungen wird mittels Wärme-Boost-Technik auf die nötige Verbrauchstemperatur aufgeheizt, und zwar mit Strom aus der hauseigenen Photovoltaikanlage. Diese Anlage mit einer Spitzenleistung von 40 kWp ist in Form von PV-Ziegeln auf dem Satteldach des Gebäudes und in Form von herkömmlichen Modulen auf dem Flachdach verbaut. Abhängig von der Erzeugungsleistung der Anlage wird der Strom für die Grundversorgung des Hauses, für die Ladestationen in der Tiefgarage und über ein Mieterstrommodell auch den Bewohnern des Hausprojekts zur Verfügung gestellt.

Innovative Temperierung

Eine weitere bauliche Besonderheit der Vollholzhäuser von VIDA ist das Wärmekonzept, welches zu 100 % auf die Bauphysik dieser Bauweise abgestimmt ist. Dr. Lingott erklärt im Detail: „Bei der sogenannten ‚Flächentemperierung' handelt es sich um eine wassergeführte Wärmeverteilung, welche in jeweils zwei Rohren in Sockel- bzw. Brüstungshöhe entlang der Innenseite der Außenwand über die gesamte Länge der Bedarfsfläche geführt wird. Die dünn mit Lehmputz überputzten Rohre strahlen zum einen direkt in den Raum sanft Wärme ab und erzeugen zum anderen einen wandnahen Konvektionsstrom." Dadurch erwärmen sich auch Oberflächen des Wandmaterials, in denen keine Heizrohre verlegt sind. „Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch das ideale Zusammenspiel der holzmassiven und hochdämmenden Außenwand sowie der mineralischen Oberfläche des Lehms ist eine überaus simple und effiziente Heiztechnik möglich. Darüber hinaus kommt es durch die gleichmäßige und flächige Erwärmung zu weniger Luftverwirbelungen, wodurch wiederum kaum Zugeffekte entstehen. Das senkt die Staubbelastung und schont das Herz-Kreislauf-System der Bewohner", ergänzt Dr. Torsten Lingott.

Vorfertigung spart Bauzeit

Die bereits erwähnte Vorfertigung der Wand-, Decken- und Dachelemente findet in den Produktionshallen von holzius im Südtiroler Prad am Stilfserjoch statt. Speziell bei diesem VIDA-Projekt in Bayreuth war es wichtig, die tatsächliche Bauzeit (mit LKW-Anlieferungen und Aufbau mittels Mobilkran) in der engen und dicht verbauten Ludwigstraße so kurz wie möglich zu halten – kein Problem mit Vollholzbauweise von holzius. Das Montieren der Holzelemente ist innerhalb von drei Arbeitswochen erfolgt. Insbesondere das Gebäude mit seinen fünf Vollgeschossen hat wenig Zeit in Anspruch genommen, da diese Wohnungen über großzügige Flächen und weniger Innenwände verfügen. Dr. Torsten Lingott, Geschäftsführer der VIDA HolzProjekt GmbH berichtet über die Herangehensweise bei der Planung: „Hier sind deutliche Unterschiede zur konventionellen Massivbauweise bemerkbar. Im Holzbau ist die Vorab-Planung spielentscheidend und muss von Anfang an gründlich durchdacht sein. Vor Produktionsbeginn sind die Leitungsführungen und Durchbrüche für sämtliche Holzbauteile festzulegen und mit den Fachplanern abzustimmen. Hier konnte holzius wertvolle konzeptionelle Details aus Projekten mit ähnlich hohen Anforderungen an Statik, Brandschutz und Schallschutz beisteuern."

Alte und neue Bauvorschriften

Die Zusammenarbeit in Vorbereitung, Planung und Umsetzung wird von beiden Seiten als ausgesprochen angenehm, unkompliziert und persönlich beschrieben. Dr. Torsten Lingott gewährt Einblick in die Entscheidungsfindung zugunsten von holzius für dieses städtebaulich aufmerksamkeitsstarke Projekt: „Abgesehen von der Expertise und der langjährigen Erfahrung von holzius war es natürlich die leimfreie Bauweise, die hier den Ausschlag gegeben hat. Aber auch die Tatsache, dass holzius von Haus aus über entsprechende Zertifikate (für Statik und Brandschutz) verfügt, die uns beim Einreichen sehr unterstützt haben." holzius Firmengründer Herbert Niederfriniger schlägt in dieselbe Kerbe: „Selbstverständlich können wir die bauphysikalischen Eigenschaften unserer Holzelemente dokumentieren. Schließlich wollen wir gesunde Wohnräume schaffen und intakte Lebensräume erhalten. Da gehört Transparenz einfach dazu." Es ist hervorzuheben, dass es für die Holzfassade in der Gebäudeklasse 5, bis auf allgemeine Vorschriften vonseiten der Behörden, keine besonderen Vorgaben gab. Lediglich eine zusätzliche Brandschutzwand, die ebenfalls mit holzius-Elementen ausgeführt wurde, musste zum historischen Regierungsgebäude hin errichtet werden. Eine zwischenzeitliche Gesetzesänderung begünstigt zukünftig den Bau von mehrgeschossigen Objekten in Holzbauweise – Bayern hat die Bauvorschriften überarbeitet und den modernen Techniken, Methoden und Möglichkeiten angepasst.